Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 1997
Der Winter 1996/97 kann in der westlichen und zentralen Ostsee als mäßig, im Bottnischen, Finnischen und Rigaer Meerbusen aber nur als schwach charakterisiert werden. Dementsprechend lagen die Temperaturen im winterlichen Oberflächenwasser weitgehend im normalen Bereich. Der Sommer 1997 war dagegen außergewöhnlich warm und muß als der wärmste seit 1890 angesehen werden. Die sommerlichen Wassertemperaturen erreichten in einer 10 m mächtigen Deckschicht positiven Anomalien bis 6 K.
Im Jahre 1997 erfolgte kein Salzwassereinbruch. Der Bereich der Darßer Schwelle war ganzjährig durch eine ausgeprägte ästuarine Zirkulation gekennzeichnet, die lediglich durch zwei lang anhaltende Ausstromereignisse im Mai und November unterbrochen wurde. In der grundnahen Schicht herrschte von Ende Mai bis Anfang November anhaltender Einstrom, der während der Sturmereignisse im September und Anfang Oktober größere Wassermengen über die Schwellen transportierte. Dadurch gelangte sehr warmes und salzreiches Wasser in die Ostsee, das Ende Oktober Temperaturen von 11,5 bis 13 °C und Salzgehalten bis 18 PSU im Tiefenwasser des Bornholmbeckens beobachtet wurde. Derartig hohe Temperaturen, die um 3 bis 4 K über den langjährigen Mittelwerten des Tiefenwassers liegen, wurden im Bornholmbecken in diesem Jahrhundert nur selten erreicht. Das Becken füllte sich im Herbst zunehmend mit salzreichem Wasser, wobei Ende Oktober im TIefenbereich >60 m Salzgehalte >15 PSU erreicht wurden, so daß warmes (>10 °C), salz- und sauerstoffreiches Wasser von 14 bis 15 PSU bzw. von bis zu 2cm3/dm3 ungehindert über die Stolper Schwelle in die zentrale Ostsee abfließen konnte.
Die Stagnationsperiode, die im Jahre 1995 begann und im Tiefenwasser des Gotland- und Fårötiefs bis Ende 1996 zur Ausbildung einer schwefelwasserstoffhaltigen Schicht unterhalb von 175 m Tiefe führte, wurde von Februar bis Mai 1997 kurzzeitig durch Einstromprozesse unterbrochen. Jedoch bereits ab August 1997 waren die Tiefenbereiche des östlichen Gotlandbeckens unterhalb von etwa 150 m wieder mit schwefelwasserstoffhaltigem Wasser gefüllt. Wie in den Vorjahren wurde auch 1997 im westlichen Gotlandbecken kein Schwefelwasserstoff gemessen.
Bei den Winterkonzentrationen der anorganischen Nährstoffe setzte sich die bereits in den Vorjahren erkennbare Entwicklung fort. Beim Phosphat zeigte sich eine weiterhin abnehmende Tendenz in allen untersuchten Seegebieten. Bei den Nitratkonzentrationen, die nach wie vor hoch sind, wurden 1997 erste Anzeichen für einen leichten Rückgang beobachtet, wenngleich die Tendenz noch nicht so ausgeprägt ist wie beim Phosphat.
Signifikante Auswirkungen des Sommerhochwassers der Oder auf die Ostsee waren im wesentlichen nur lokal in der Pommerschen Bucht zu beobachten. Die gemessenen Konzentrationen der meisten anorganischen Nährstoffe waren in der gleichen Größenordnung wie sie bei früheren Untersuchungen zu Zeiten verstärkten Oderausstroms im Frühjahr zu beobachten waren. Signifikant höhere Konzentrationen wurden aber für Silikat sowie für organische Kohlenstoff- und Stickstoffverbindungen gefunden. Im Bereich der Ausstromfahne der Oder vor Usedom kam es im August zur Bildung von Schwefelwasserstoff in den bodennahen Schichten. Langzeiteffekte der während des Hochwassers eingetragenen Nährstoffmengen auf das Ökosystem sind weder für die Pommersche Bucht noch für die Ostsee zu erwarten.
Vollständiger Bericht in:
Meereswiss. Ber. 29 (1998)
Matthäus, Wolfgang; Nausch, Günther; Lass, Hans Ulrich; Nagel, Klaus; Siegel, Herbert:
Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzung der Ostsee 1997
Jährliche Hydrographisch-chemische Zustandseinschätzungen
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