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Biologische Zustandseinschätzung der Ostsee 1998

Während die Phytoplankton-Entwicklung im Jahre 1997 ungewöhnlich früh begann, kann das Jahr 1998 in dieser Hinsicht als ein “normales” Jahr angesehen werden. Die Frühjahrsblüte begann in der Mecklenburger Bucht Mitte März mit einer Kieselalgenentwicklung (Chaetoceros spp.), die im April in eine Phase mit Dinophyceen-Dominanz (Gymnodinium spp.) überging. In der Arkonasee begann die Frühjahrsblüte um den 20. März 1998 mit einer Kieselalgenentwicklung (Chaetoceros spp.), an die sich Anfang April eine Dinoflagellatenblüte (Gymnodinium spp.) anschloß. Auch in der Bornholmsee begann die Blüte schon Ende März, wurde hier aber von Anfang an von Gymnodinium spp. dominiert.

Im Sommer herrschten in der eigentlichen Ostsee Cyanobakterien und diverse Flagellaten vor. Die Kieselalge Dactyliosolen fragilissimus bildete im Juni/Juli 1998 in der Mecklenburger Bucht eine Blüte. Eine Probe vom 15.9.98 aus der Arkonasee zeigte eine gewaltige Blüte von Prorocentrum micans. Im Herbst dominierte in der eigentlichen Ostsee die Kieselalge Coscinodiscus granii und in der Mecklenburger Bucht der Dinoflagellat Ceratium tripos.

Die Aussagen zur Phytoplanktonentwicklung werden auch von Chlorophyll-Daten (sowohl analytisch als auch aus Satellitenbildern ermittelt) gestützt. Die Chlorophyll-Daten sind insbesondere für die Analyse von Langzeit-Trends der Phytoplankton-Biomasse nützlich. Verschiedene Hypothesen zur Erklärung des späteren Beginns der Frühjahrsblüte in den östlicheren Teilen der Ostsee und zur Verdrängung der Kieselalgen werden diskutiert.

Die Analyse der Sinkstoffe zeigte für das Jahr 1997 die Frühjahrsphase als quantitativ wichtigsten Zeitraum für den Partikelfluß. Dies steht im Gegensatz zum Vorjahr, in dem die Mengen der Frühjahrs- und Spätsommer/Herbstsedimentation ausgeglichener waren. Bei der qualitativen Analyse der absinkenden Phytoplanktonarten und -gruppen zeigte sich allerdings ein ähnliches Bild wie im Vorjahr. Die saisonale Sukzession der pelagischen Algengruppen in der Deckschicht wird im Fallenmaterial gut abgebildet.

Im Zooplankton hat die Abundanz der Rotatorien (Synchaeta spec.) im Vergleich zum Vorjahr stark zugenommen (Maximum im Mai, oft noch ein zweites im Oktober), die der Copepoden dagegen im allgemeinen abgenommen. Auffällig ist die jahreszeitliche Verschiebung der Maxima der Copepodenabundanz: 1997 wurden die Maxima erst im August erreicht, 1998 schon im Mai (Ausnahme: die Tiefenschichten im Bornholm- und Gotlandbecken). Die Abundanz der Cladoceren war 1998 deutlich geringer als 1997, insbes. im August. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, daß die realen Abundanzmaxima der verschiedenen Gruppen wegen der geringen Probennahmefrequenz durch das zeitliche Beprobungsraster gefallen sind. Auf generelle methodische Probleme wird ausführlich eingegangen.

Die Artenzahl des Makrozoobenthos nahm im Vergleich zu den Vorjahren zu und erreichte insgesamt 83. Sie lag 1998 zwischen 3 (Bornholmbecken) und 49 (Fehmarnbelt). Als besonders artenreich erwiesen sich die gut durchströmten und damit sandig-kiesigen Bereiche Fehmarnbelt, Darßer Schwelle und südliche Arkonasee. Auf den schlickigen Stationen in der Mecklenburger Bucht wäre z.B. Euchone papillosa (Polychaeta) hervorzuheben, dessen Bestände sich seit einiger Zeit wieder zu erholen scheinen. Wie im Vorjahr konnten auch 1998 an mehreren Stationen die Glazialrelikte Pontoporeia femorata und Saduria entomon beobachtet werden. Auch die Muscheln Astarte borealis und A. elliptica wurden an einigen Stationen festgestellt. Dahingegen fehlten einige Arten, die seit Jahren bzw. Jahrzehnten in der südlichen und westlichen Ostsee (Mecklenburger Bucht, Arkonabecken, Pommernbucht) nicht mehr gefunden werden. Dazu zählen Monoporeia affinis, Buccinum undatum, Nassarius reticulatus, Astarte montagui, Scrobicularia plana und Macoma calcarea. Die Individuendichten des Makrozoobenthos lagen 1998 zwischen 13 Ind. m-2 (Bornholmbecken) und 7.235 Ind. m-2 (südliche Arkonasee). Die Biomasse (als aschefreies Trockengewicht) schwankte zwischen 0,01 g m-2 (Bornholmbecken) und 48,4 g m-2 (östlich der Darßer Schwelle). Zur besseren Beurteilung des Makrozoobenthos wurden neben den herkömmlichen van-Veen-Greifern auch eine Dredge und Videotechnik eingestezt. 7 Taxa konnten damit zusätzlich nachgewiesen werden. Außerdem erlaubte die Auswertung des Bildmaterials eine Analyse der Strukturen, des Substrates und der Verteilung (Patchiness) an den Stationen

Dr. Norbert Wasmund, Dr. Jürgen Alheit, Dr. Falk Pollehne, Dr. Herbert Siegel, Dr. Michael L. Zettler

Vollständiger Bericht in:
Meereswiss. Ber. 37 (1999)

Wasmund, Norbert; Alheit, Jürgen; Pollehne, Falk; Siegel, Herbert; Zettler, Michael L.:
Der biologische Zustand der Ostsee im Jahr 1998 auf der Basis von Phytoplankton-, Zooplankton- und Zoobenthosuntersuchungen

Jährliche biologische Zustandseinschätzungen

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