Phytoplankton an der Küstenstation "Seebrücke Heiligendamm" im Jahre 2009
Die Sektionen Biologische Meereskunde und Meereschemie des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) führen wöchentliche Probennahmen an der Seebrücke Heiligendamm (54°08,55' N; 11°50,60' E) durch. Hier werden die Ergebnisse der Phytoplankton-Untersuchungen vorgestellt. Es wurde Oberflächenwasser mit einer Pütz entnommen.
Die Phytoplanktonbiomasse wurde durch mikroskopische Zählung (UTERMÖHL-Methode) und die Chlorophyll-a-Konzentration durch Ethanol-Extraktion und fluorometrische Messung (Berechnung ohne Phaeopigment-Korrektur) bestimmt. Dabei wurden die Methodenvorschriften von HELCOM zugrundegelegt (http://www.helcom.fi/groups/monas/CombineManual/AnnexesC/en_GB/).
Die Zählung der Phytoplankton-Proben erfolgte mit dem Zählprogramm OrgaCount und basiert auf der HELCOM-Artenliste (Olenina et al. 2006). Die spezifischen analytischen Bedingungen der Chlorophyll-a-Bestimmung sind in Wasmund et al. (2006) dargelegt. Es werden hier entsprechend der Entscheidung der BLMP-Unter-Arbeitsgruppe Qualitätssicherung vom 11.9.2008 die Chlorophyll-a-Konzentrationen angegeben, die nicht für Phaeopigment korrigiert sind.
An 10 Meßtagen war es sturmbedingt zu hohen Sedimentanteilen in den Proben gekommen, die eine mikroskopische Auswertung unmöglich machten. Eine Chlorophyllbestimmung war aber möglich.
Erwartungsgemäß war die Phytoplankton-Biomasse in den ersten Wochen des Jahres sehr gering. Erstaunlicherweise war der Anteil an Kieselalgen (Thalassiosira spp. und zunehmend Skeletonema costatum) relativ hoch. Die Biomasse von Skeletonema costatum wuchs von 52 mg m-3 in Woche 6 auf 4276 mg m-3 in Woche 9 (3.3.2009) an. Gleichzeitig erreichte die Chlorophyll-a-Konzentration mit 8,92 mg m-3 bereits ihr Jahresmaximum. Wir fanden also im Jahre 2009 eine sehr frühe Frühjahrsblüte in ihrer klassischen Ausprägung als fast monospezifische Kieselalgenblüte im Gegensatz zu der ungewöhnlichen Frühjahrsblüte des Vorjahres, die von der Euglenophycee Eutreptiella spp. dominiert war. Die Blüte brach bereits innerhalb einer Woche, also zum 10.3.2009 zusammen. Zu der Resten von Skeletonema costatum (375 mg m-3) gesellten sich unbestimmte Gymnodiniales (187 mg m-3) und der autotrophe Ciliat Mesodinium rubrum (292 mg m-3). Leider waren die Proben der folgenden beiden Wochen wegen eines zu hohen Sandanteils nicht auswertbar. Offensichtlich gingen die Kieselalgen und Dinoflagellaten weiter zurück zugunsten von Mesodinium rubrum, das am 31.3.2009 (13. Woche) eine Biomasse von 488 mg m-3 erreichte. Aber auch dessen Biomasse brach im Verlaufe einer Woche schlagartig zusammen. Damit war die Frühjahrsblüte bereits zum 7.4.2009 beendet. Es ist erstaunlich, dass die sonst meistens stark in der Frühjahrsblüte vertretenen Dictyochophyceen nur gering entwickelt waren.
Der Kieselflagellat Dictyocha speculum war in den Jahren 2007 und 2008 sogar erstaunlich früh aufgetreten. Dessen ungewöhnliche Entwicklung in den Jahren 2007 und 2008 setzte sich im Jahre 2009 also nicht fort.
Vom 7.4. bis 16.6.2009 stellte sich eine von ihrer Zusammensetzung und Biomasse relativ gleichbleibende Phytoplanktongemeinschaft ein. Die Chlorophyll-a-Konzentrationen lagen in einem engen Bereich zwischen 0,8 und 1,8 mg m-3. Mesodinium rubrum ging weiter zurück, während sich mixotrophe Cryptophyceen (Plagioselmis prolonga, Teleaulax spp., Hemiselmis spp.) und insbesondere Prymnesiophyceen (Chrysochromulina spp.) entwickelten.
Zum 23.6.2009 (25. Woche) entwickelte sich schlagartig Eutreptiella spp. (1078 mg m-3) und wiederum Mesodinium rubrum (276 mg m-3). Diese beiden Taxa bildeten die Hauptmasse der ungewöhnlichen Frühjahrsblüte vom 11.3.2008 ! Sie scheinen also sehr flexibel zu sein und unter verschiedensten Bedingungen das Potenzial zu plötzlichen Vermehrungen zu haben. Die Sommerphase war von starken und sprunghaften Veränderungen geprägt. Nach einem schnellen Verschwinden der genannten Taxa erschien kurzzeitig die Kieselalge Proboscia alata und die Dictyochophycee Dictyocha speculum. Nur am 7.7.2009 (27. Woche) traten die typischen sommerlichen Cyanobakterien auf: Nodularia spumigena (345 mg m-3) und Aphanizomenon sp. (60 mg m-3). Am 21.7.2009 (29. Woche) erschien wieder Mesodinium rubrum (684 mg m-3) und die Kieselalgen Coscinodiscus concinnus (295 mg m-3) und C. radiatus (206 mg m-3). Diese Kieselalgen verschwanden zum 28.7.2009, aber am 4.8.2009 (31. Woche) waren Coscinodiscus radiatus und Proboscia alata wieder da und am 25.8.2009 (34. Woche) Coscinodiscus granii. Dann tauchte auch Ceratium tripos erstmalig in größeren Biomassen (220 mg m-3) auf. Eine qualitative Durchsicht der Proben vom 1.9. und 8.9.2009 zeigte, dass Ceratium dann schon wieder verschwunden war, während Coscinodiscus granii und Eutreptiella spp. dominierten. Diese Taxa waren auch noch am 7.10.2009 (40. Woche) bedeutsam, neben Mesodinium rubrum.
Im Herbst 2009 dominierten eindeutig die Kieselalgen, während die sonst ebenfalls blütenbildenden Dinoflagellaten (Ceratium spp.) fast komplett fehlten. Die wichtigsten Kieselalgen waren Cerataulina pelagica und Chaetoceros convolutus (am 20.10.2009), Coscinodiscus granii (am 27.10.2009), Chaetoceros spp. (am 3.11.2009) und Coscinodiscus radiatus (am 17.11. und 24.11.2009). Am 8.12.2009 (49. Woche) erschien schließlich eine ungewöhnlich späte Kieselalgen-Herbstblüte. Schon im Jahre 2008 wurde ein spätes Auftreten einer Herbstblüte von Coscinodiscus granii erst am 16.12.08 verzeichnet. Ungewöhnlich im Jahre 2009 ist, dass diese Spätherbstblüte von Skeletonema costatum (1719 mg m-3) gebildet wurde, einer Art die normalerweise im Frühjahr wächst und die bereits die Frühjahrsblüte des Jahres 2009 gebildet hatte.
Literatur:
Olenina, I., Hajdu, S., Andersson, A.,Edler, L., Wasmund, N., Busch, S., Göbel, J., Gromisz, S., Huseby, S., Huttunen, M., Jaanus, A., Kokkonen, P., Ledaine, I., Niemkiewicz, E. (2006): Biovolumes and size-classes of phytoplankton in the Baltic Sea. Baltic Sea Environment Proceedings No.106, 144pp. Internet-Zugang:
Paper: http://www.helcom.fi/stc/files/Publications/Proceedings/bsep106.pdf
Tabelle: http://www.helcom.fi/stc/files/Publications/Proceedings/
bsep106ANNEX1Biovolumes_web.xls
Wasmund, N., Topp, I., Schories, D. (2006): Optimising the storage and extraction of chlorophyll samples. Oceanologia 48: 125-144.
IOW, 10.02.2010
Dr. Norbert Wasmund,
Susanne Busch,
Ina-Marie Topp,
Regina Hansen.
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