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Die Bedeutung der Cyanobakterien für die Quecksilberemission der Ostsee – Hg-Cyano

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Die Ostsee weist im Hochsommer das Maximum der Freisetzung von elementarem Quecksilber (Hg0) auf. Ob die Umwandlung von ionischem Quecksilber in das flüchtige Hg0 aktiv von Cyanobakterien oder durch photochemische Reaktionen verursacht wird, soll anhand von in situ Messungen, Kulturexperimenten und mit mikrobiologischen Methoden untersucht werden.

Quecksilber (Hg) ist zahlreichen Umwandlungsprozessen in der Natur unterworfen. Die verschiedenen Hg Spezies zeigen unterschiedliche physikalische und chemische Eigenschaften mit der Folge, dass giftiges Quecksilber überall in der Umwelt zu finden ist. Deshalb ist es wichtig, die Verbreitungs- und Umwandlungsprozesse von Hg in der Umwelt zu verstehen und zu quantifizieren.

In einem vorausgegangenen Projekt, das sich mit der Ostsee als Quelle für atmosphärisches Quecksilber beschäftigte, wurde eine deutliche Saisonalität der Emission von elementarem Quecksilber (Hg0) gezeigt (Kuss and Schneider, 2007). Das Maximum lag im Hochsommer bei intensiver Sonneneinstrahlung und einer ausgeprägten Cyanobakterienblüte. Verschiedene Laborstudien haben gezeigt, dass die möglichen biotischen und abiotischen Umwandlungen von ionischem Hg zu Hg0 lichtabhängig sind. Abiotisch würde bedeuteten, dass die Umwandlung direkt durch das Licht als photochemischer Prozess, vielleicht unter Mitwirkung von gelöstem, organischem Kohlenstoff erfolgt. Lichtabhängige Umwandlung durch Cyanobakterien bezieht sich auf die eventuell vorhandene, genetisch bestimmte Fähigkeit der Cyanobakterien sich von Hg zu befreien. Im Rahmen des Projekts Hg-Cyano wurden Forschungskampagnen im Juli 2011 auf dem F/S „Elisabeth Mann Borgese“ und im Juni/Juli 2012 auf dem F/S „Meteor“ durchgeführt. Die Untersuchung basiert auf drei Ansätzen:

  1. Einige Algen und Bakterien besitzen die genetische Voraussetzung, toxisches, ionisches Quecksilber in das flüchtige und weniger giftige Hg0 umzuwandeln.
    -> Mit mikrobiologischen Methoden soll die genetische Voraussetzung zur Quecksilberumwandlung bei den Cyanobakterien untersucht werden und darüber hinaus auch gezeigt werden, bei welchen Arten das entsprechende MerA-Gen aktiv war, also die Umwandlung tatsächlich auch durchgeführt wurde.
  2. Das Oberflächenwasser wurde zur Analyse des ionischen Quecksilbers und des gelösten organischen Kohlenstoffs regelmäßig beprobt. Hg0 wurde quasi-kontinuierlich an Bord gemessen. In parallelen Proben wird auch die Zusammensetzung der Planktongemeinschaft, unter besonderer Beachtung der Cyanobakterienarten, ermittelt. Zum Vergleich wurden auch tiefere Wasserschichten untersucht, die nur noch eine mäßige Lichtversorgung aber eine günstigere Nährstoffsituation für Cyanobakterien aufwiesen. Damit stellen Wassertiefen im Bereich von 10 bis 20 m Tiefe potentielle Bereiche der biogenen Umwandlung dar.
    -> Verteilungsmuster von Cyanobakterien, Gesamtquecksilber, gelöstem organischem Kohlenstoff und Licht werden statistisch mit denen des Hg0 untersucht.
  3. Ein Inkubationsexperiment mit unfiltriertem und filtriertem Oberflächenwasser aus einem Gebiet mit erhöhtem Vorkommen von Cyanobakterien zielt darauf ab die Beiträge der photochemischen und der biotischen Quecksilberumwandlung zu quantifizieren.
    -> Dazu werden vier Ansätze verglichen: Eine unbehandelte natürliche Probe, eine Probe mit drastisch verminderter (auf 6%) Lichtversorgung, eine durch Filtration von Bakterien und Plankton befreite Probe und eine Probe, die darüber hinaus noch zum Sieden erhitzt wurde. Während der 12-tägigen Inkubation wurde Hg0 zweimal am Tag im Gasraum der Flaschen gemessen. Proben für Gesamt-Quecksilber, Zusammensetzung des Phytoplanktons, Nährstoffe und DOC wurden am Anfang und nach der Inkubation genommen.

Erste Ergebnisse

Im Allgemeinen zeigten die Messungen mäßig erhöhte Konzentrationen von Hg0 im Oberflächenwasser der Ostsee im Sommer 2012 (Hg0wat= 26 ± 5 ng/m³). Die höchsten Hg0 Konzentrationen wurden in der nordwestlichen Gotlandsee mit Spitzenwerten von bis zu 50 ng/m³ gemessen. Parallel wurde auch ein verstärktes Vorkommen von Cyanobakterien in diesem Gebiet beobachtet. Ende Juli 2011 wurden Hg0 Konzentrationen von 40 ng/m³ in der westlichen Ostsee bis zu 25 ng/m³ in der östlichen Gotlandsee gefunden. Zum Vergleich, im Juli 2006 wurden 32 ± 4 ng/m³ in der östlichen Gotlandsee gemessen (Kuss and Schneider, 2007).

Das Inkubationsexperiment im Juli 2012 wurde mit Wasser aus dem Gebiet der Cyanobakterienblüte angesetzt. Die stärkste Produktion wurde am Tage aufgezeichnet, mit den höchsten Hg0 Konzentrationen in der unbehandelten, natürlichen Probe. Erwartungsgemäß wurde in der Probe mit reduziertem Licht (auf 6%) nur etwa ein Viertel der Hg0 Produktion gemessen. Aber auch die als bedeutungsvoll angenommene photochemische Bildung der sterilen Proben lieferte nur einen kleinen Beitrag zur natürlichen Gesamtumwandlung.

Dr. Joachim Kuss (Projektleiter) mit Beteiligung anderer Arbeitsgruppen:
Dr. Matthias Labrenz , Dr. Norbert Wasmund, Dr. Klaus Nagel, Dr. Monika Nausch, Dr. Herbert Siegel und Siegried Krüger.

Literatur:
Kuss, J. and Schneider, B., 2007. Variability of the gaseous elemental mercury sea-air flux of the Baltic Sea. Environmental Science and Technology, 41(23): 8018–8023.