Chemische in situ Sensoren
Die überwiegende Zahl von chemischen Messungen im Meerwasser werden noch immer an Wasserproben durchgeführt, die mit Schöpfern oder durch Pumpen gewonnen werden und erst an Bord oder später im Labor analysiert werden. Prozesse auf kleinen Raumskalen oder transiente Ereignisse können so meist nicht genügend fein in Raum und Zeit aufgelöst werden. Auch von Langzeit-Messstationen können so für die meisten chemischen Parameter keine kontinuierlichen Datensätze gewonnen werden, wie sie für die physikalischen Parameter Leitfähigkeit, Temperatur und Druck Standard sind. Diese räumlich-zeitliche Auflösung ist aber auf allen Skalen notwendig, auf denen ozeanische Prozesse ablaufen (siehe Bild rechts).
Um für die chemischen Parameter, wie z.B. Nährstoffe oder Metalle, eine
ähnliche räumlich-zeitliche Auflösung wie für die physikalischen
Parameter zu erreichen, werden chemische in situ Sensoren benötigt. Langfristig
sollten diese chemischen Sensoren die gleiche Genauigkeit, Reproduzierbarkeit
und Auflösung besitzen, wie sie durch die Laboranalyse der Wasserproben erreicht
wird. Allerdings können auch weniger genaue Messungen, die mit hoher zeitlicher
oder räumlicher Auflösung durchgeführt werden, wertvolle Hinweise
auf die ablaufenden Prozesse geben und so eine optimierte Probennahme ermöglichen.
Bei der Entwicklung neuer chemischer Sensoren werden unterschiedliche Ansätze
verfolgt:
1. Miniaturisierung von naßchemischen Analysern
Um den Einsatz auf verschiedenen Meßplattformen zu ermöglichen, müssen
die Leistungsaufnahme und der Verbrauch von Reagenzien minimiert werden. Dabei
werden sowohl industrielle Komponenten der Mini-Fludik verwendet, wie z.B. beim
Fe/Mn-Analyser, als auch speziell für den in situ Einsatz in der Ozeanographie
entwickelte mikrofluidische MEMS-Analyser. MEMS (Mikro-Elektro-Mechanische Systeme)
beruhen auf Fertigungsverfahren aus der Elektronik-Industrie, bei denen mechanische
Strukturen in Siliziumträger oder andere Substrate geätzt werden und
diese Strukturen zu mikrofluidischen Komponenten (Pumpen, Ventile, Mixer etc.)
zusammengebaut werden. Diese können dann mit mikroelektronischen und mikrooptischen
Komponenten zu Analysern zusammengefügt werden.
2. Physikalisch-chemische Meßmethoden
Ideal für einen längeren Einsatz von chemischen Sensoren sind Verfahren,
bei denen keine Reagenzien verbraucht werden, wie z.B. Opt(r)oden, bei denen der
Analyt im Seewasser bei Kontakt mit der Optode deren optische Eigenschaften (z.B.
Fluoreszenz oder Brechungsindex) beeinflusst. Diese Änderung der optischen
Eigenschaft wird erfasst und in ein elektronisches Signal umgesetzt, welches Rückschlüsse
auf die Konzentration des Analyten zulässt.
Einige wenige Analyte im Seewasser, wie z.B. Nitrat, absorbieren UV-Licht und
ihre Konzentration kann so durch eine Absorptionsmessung bestimmt werden.
Weitere Methoden dieser Kategorie sind z.B. die Messung von Analyten mit Hilfe
von (Mikro-)Elektroden oder in-situ Massenspektrometern.
Unsere Aufgabe besteht zum einen in der Sichtung neuer Technologien und deren
Evaluierung auf die Umsetzbarkeit für in situ Messungen. Zum anderen arbeiten
wir mit den Entwicklern dieser Technologien zusammen an der Anpassung und Weiterentwicklung
für die speziellen Bedürfnisse eines in situ Einsatzes für die
Ozeanographie mit typischerweise niedrigen Konzentrationen der Analyten in der
komplexen Seewasser-Matrix.