Mikrobielle Diversität ungewöhnlicher Standorte
Kontakt: Prof. Dr. Matthias Labrenz
Hintergrund
Mikroorganismen sind unter höchst unterschiedlichen Bedingungen in der Lage zu überleben und metabolisch aktiv zu bleiben. Diese herausragende Eigenschaft hat ihren Ursprung in den vielfältigen physiologischen Fähigkeiten mikrobieller Gemeinschaften.
Die Untersuchung "ungewöhnlicher Habitate" ist von großer Bedeutung für die Klärung der allgemeinen Wechselwirkungen zwischen Mikroorganismen und ihrer Umwelt. Der Begriff "ungewöhnliches Habitat" darf nicht mit dem Begriff "extremes Habitat" verwechselt werden, der viel gebräuchlicher und auch relativ gut definiert ist. Extreme Umgebungen (wie auch extreme Mikroorganismen) lassen sich durch physikalisch-chemische Eigenschaften (oder durch die Stoffwechselaktivität unter diesen Bedingungen) gut definieren. Diese Möglichkeit besteht für "ungewöhnlichen Lebensräume" nicht. Wir definieren ungewöhnliche Lebensräume als solche, die (1) außerhalb des erwarteten oder üblichen Umweltbereiches bestimmter Mikroorganismen oder Populationen liegen, es ihnen oder ihren verwandten Arten aber dennoch ermöglichen, metabolisch aktiv zu sein, und (2) Lebensräume außerhalb des erwarteten oder üblichen Umweltbereichs.
Die Untersuchung von Organismen, die in ungewöhnlichen Habitaten leben, bietet die Möglichkeit, neue Einblicke in die allgemeine Interaktion von Mikroorganismen und Umwelt zu gewinnen. Aus diesem Grund untersuchen wir verschiedene ungewöhnliche Lebensräume und ihre mikrobiellen Bewohner sowie deren mögliche Funktionen und Rollen.
Forschung am IOW
Im Rahmen des CRASSOBIOM-Projekts untersuchen wir derzeit die Rolle der Wirts-Mikrobiom-Interaktionen zwischen der Pazifischen Auster (Crassostrea gigas) und ihren Mikrobiota in Bezug auf die Leistung der Auster in extremen Lebensräumen. Ziel ist es zu verstehen, ob die Assoziation zwischen der Pazifischen Auster C. gigas und ihren Mikrobiota das Überleben dieser invasiven Art in der Gezeitenzone des deutschen Wattenmeeres erleichtert. Die potenzielle Rolle des Wirtsmikrobioms bei der Reaktion von Holobionten auf Umweltstressoren wird durch die Messung stressbedingter Veränderungen der Physiologie, der Immunfunktionen und der transkriptomischen Profile von Austern mit intaktem Mikrobiom im Vergleich zu mikrobiomdepletierten Artgenossen bestimmt. Mittels Feldtransplantationsexperimenten werden wir bewerten, ob die molekularen Stresssignaturen der Wirt-Mikrobiom-Interaktionen in den natürlichen Lebensräumen mit dem unterschiedlichen Grad an abiotischem Stress nachverfolgt werden können.