FS Merian - MSM46
Halifax, Kanada – St. John's, Kanada
4. Wochenbericht (14.09. - 20.09.2015)
Die vierte Woche der Reise 46 der Maria S. Merian diente vorwiegend geologischen und geophysikalischen Untersuchungen in der Hudson Strait (Abb.1). Nach der Aufnahme des SeaCyler –Systems in der Labradorsee ging es zurück auf den kanadischen Shelf und daraufhin wurde im Eingang zur Hudson Strait zuerst eine großräumige und daraufhin in einem für geologische Probennahmen als interessant klassifizierten Bereich eine kleinräumige Profilierung mit Parasound und Multibeam durchgeführt. Zusammen mit der Rückfahrt dauerte dieses Programm bis zum Mittwoch Morgen.
Die Parasoundprofile wiesen dabei Regionen (Sedimenttaschen) aus, in denen holozäne Schichten von bis zu 10 m zu erwarten sind. Die anschließende Beprobung mit dem Kastengreifer an 3 Stationen bestätigte dies. Es stellte sich heraus, dass es sich um unter extremen physikalischen Bedingungen abgelagerte sandige spätholozäne Abfolgen handelt worauf schon die Messungen in der Wassersäule hindeuteten.
Abb.2a zeigt das CTD-Profil auf der Station 21 in der Hudson Strait. Hier ist über die ganze Wassersäule der Einfluss der Tidenströme zu erkennen, die bei 8 m Tidenhub und dem großen Volumen der Bay entsprechende Strömungsgeschwindigkeiten im schmalen Verbindungsbereich zum Ozean erzeugen. Inwieweit hier die isostatischen Hebung (1.8 cm/Jahr; Ostsee: 1.0 cm/Jahr im Norden) das Strömungssystem während des Holozäns beeinflusste, wird zu untersuchen sein.
Durch die intensive Durchmischung zeigen die Profile in der Wassersäule keine klaren Wassermassenabgrenzungen und im Bodenbereich sind im relativ warmen Atlantikwasser extreme Trübungswerte (bis 2 NTU) durch erodierte bzw. nicht abgelagerte Partikel zu erkennen. In diesem zentralen Bereich des Ausstromes ist das Sediment in den Kernen entsprechend besser sortiert, der Feinanteil und die Gehalte an organischem Material geringer als in den Randgebieten (Abb.1 Station 22), die unter einem völlig anderen Sedimentationsregime stehen.
Dort zeigt das Wassersäulenprofil (Abb.2b) eine stabilere Schichtung mit Bodenwasser, dessen Temperatur (unter -1°C) auf eine Bildung vor Ort hinweist und das Bodentrübungswerte von höchstens 0,5 NTU zeigt. Entsprechend anders sind die Ablagerungsbedingungen an diesen Stellen. So wurden an der Station 22 ein Schwerelotkern (MSM46-19) mit hohem organischen Gehalt und teilweiser laminierter feinkörniger Schichtenabfolge gezogen, der, ähnlich wie in weiten Bereichen der zentralen und westlichen Ostsee, einen starken H2S Geruch aufweist.
Eine weitere gute Position mit relativ hoher großer holozäner Sedimentmächtigkeit wurde auf der Station 23 (Kern MSM46-20) angetroffen. Hier wurden in 6,8 m Sedimentteufe auch Ablagerungen des viel zitierten und noch immer intensiv diskutierten "8.2 kaEvents" (rote Schicht - red bed - Abb. 3) gefunden, die auf einen Durchbruch des nordamerikanischen Eisstausees (Lake Agassiz) zurückzuführen ist.
Freitag liefen wir in die westliche Hudson Strait / Ausgang der Hudson Bay ein und kartieren nun ein Gebiet in der Box 5 (Abb.1), um zwei Stationen mit höchsten holozänen Sedimentmächtigkeiten für den Einsatz von Multicorer und Schwerelot auszuwählen. Die Parasound-Aufnahmen sind äußerst vielversprechend und wir hoffen auf das Kernen von holozänen Sedimenten mit Ablagerungsraten von 1 mm/Jahr.
Die Messungen der Variablen in der Wassersäule während der ersten 14 Tage unserer Reise sind mittlerweile an Bord mit einem Modell abgeglichen worden, das die Verteilung der Sauerstoff-Minimumzonen im St. Lawrence Ästuar als 'hindcast' für den Januar 1990 zeigt (Abb.4). Während die räumliche Verteilung dieser Zonen unseren Messungen gut entspricht, sind die Minimum-Werte etwas niedrig. Es zeigt sich beim Vergleich mit den von uns erhobenen ozeanographischen Daten, dass eine verbesserte Parametrisierung von Tidenmischung und ´upwelling´-Prozessen im Unteren St. Lawrence Ästuar den Sauerstoff-Level im Modell durchaus auf die von uns gemessenen Werte anheben kann.
In dieser Woche konnten wir viele gemeinsame Eigenschaften der ostkanadischen Küstengewässer mit der nördlichen Ostsee feststellen, wie die Enstehung durch Gletscher, Isostasie, Sedimentausbildung, Tiefenwasserbildung und das Vorkommen von Schlüsselarten (Saduria). Das ergänzt die Beobachtungen der ersten Wochen im St. Lawrence Strom, in dem sich vieles wiederfand (Schichtung , Sauerstoffminimum, laminierte Sedimente mit hohen organischen Gehalten) was wir auch aus der der mittleren Ostsee kennen.
Natürlich waren auf dem Weg aus der offenen Labradorsee bis in die Huson Bay auch die Dampfstrecken wieder ansehnlich, welche die „Maria S. Merian“ schnell und zuverlässig bewältigte. Am Eingang der Hudson Strait stand ein Eisberg Wache (Abb.5), der uns aber freundlicherweise passieren ließ. An Bord sind alle wohlauf, die Stimmung ist auch in der vierten Woche noch bestens und die Wissenschaft freut sich gleichbleibend über die gute Unterstützung durch die gesamte Besatzung und die gut funktionierende Technik.
Dr. Falk Pollehne
20.09.2015