IOW Logo

Frage:

Freitagnacht gingen wir noch spät baden. Ab einer Wassertiefe von ca. 50 cm konnte man ein helles Leuchten und alle Körperteile sehen, die im Wasser und in Bewegung waren. Ca. 10-20 cm davon entfernt konnte man einzelne Lichtblitze erkennen. Wodurch wird dieses Phänomen hervorgerufen? Ort war die Wohlenberger Wiek, Mecklenburg Vorpommern.

Antwort:

Sie haben die Erscheinung der Biolumineszenz (engl. bioluminescence) beobachtet. Dieses ist die Emission von Licht durch Organismen aufgrund einer biochemischen, enzymatischen Reaktion. Das Licht entsteht, wenn die Substanz Luziferin mit Hilfe des Enzyms Luziferase oxydiert wird.

Sie entstand erdgeschichlich wahrscheinlich im Ozean, bereits in einer frühen Phase der Evolution. Sie ist dort sinnvoll, wo Dämmerung oder Dunkelheit herrschen, die Organismen aber trotzdem noch über Lichtsinnesorgane verfügen. Das ist besonders in der Tiefsee der Fall. 90% der Tiefsee-Lebewesen haben Leuchtvermögen. Es dient der Kommunikation, dem Anlocken oder Finden von Beute oder der Abschreckung von Fressfeinden. Ein Paradebeispiel für die Anlockung von Beute sind die Anglerfische. Sie tragen lumineszierende Bakterien auf stielförmigen Kopfanhängen, die sie vor ihrem Maul wie eine Laterne tragen. Tiere, die sich dem Leuchtorgan nähern in der Hoffnung auf einen kleinen Happen werden selbst von dem riesigen Maul des Anglerfisches verschlungen.

Auch viele andere Tiere, wie Quallen, Tintenfische, Borstenwürmer, Kleinkrebse, senden Licht aus. Selbst auf dem Lande gibt es einige Vertreter wie z.B. die Gruppe der Leuchtkäfer ("Glühwürmchen" = Larven der Leuchtkäfer). Den adulten Käfern dient das Leuchten der Kommunikation (Partnerfindung), den Larven aber zur Abschreckung von Fressfeinden.

Wenn Sie in flachen Küstengewässern Leuchterscheinungen beobachten, geht dieses auf mikroskopisch kleine einzellige Algen, meistens Dinoflagellaten, zurück. Dinoflagellaten werden wissenschaftlich auch als "Pyrrhophyta" (= "Feuerpflanzen") bezeichnet. Sie erzeugen "Meeresleuchten", wenn sie in großen Massen (Millionen Zellen pro Liter !) vorkommen. Dann leuchtet das Wasser auf wenn sich die Wellen am Strand brechen oder ein Schwimmer diese Algen mechanisch stresst. Es kann sogar der Weg von Fischen anhand des kurzzeitigen Aufleuchtens des Wassers verfolgt werden. Man interpretiert das Leuchten als einen Abwehrmechanismus gegen Fressfeinde. Es könnte nicht nur die kleinen Planktonfresser (z.B. Kleinkrebse) vertreiben, die die Algen fressen wollen, sondern größere Räuber (Fische) anlocken, die die Planktonfresser fressen.

Noctiluca scintillans kann solch ein Meeresleuchten hervorrufen. Diese Art ist in der Nordsee häufig. Sie braucht einen höheren Salzgehalt, dringt also nur wenig in die Ostsee ein. Beobachtet man gegen Ende August in der Mecklenburger Bucht ein solches Meeresleuchten, so könnte es durch Ceratium tripos verursacht sein, das zu dieser Zeit massenhaft vorkommt.

Es ist interessant, dass mittels Biolumineszenz die eingesetzte Energie 100%ig in Licht umgewandelt wird. Unsere technischen Möglichkeiten der Lichterzeugung gehen dagegen immer mit einem erheblichen Wärmeverlust einher. Hier können wir noch von den Organismen lernen.

Die Frage wurde von Dr. Norbert Wasmund, IOW, beantwortet.

Haben Sie Fragen?

... zur Ostsee oder zum Meer allgemein? Dann schreiben Sie uns! Wir tun unser Bestes, um Ihnen rasch zu antworten.
Ein paar Tage werden Sie sich allerdings gedulden müssen ...