Stechrohr und Wathose
Julius arbeitet als FJNler in der Abeitsgruppe Benthos. Im Interview erzählt er von seinem Projekt und den Eindrücken von seiner ersten Fahrt, auf der er Proben gesammelt hat.
Wie kam es dazu, dass du ein eigenes Projekt bekommen hast?
Der NABU hat beim Leiter der AG „Ökologie benthischer Organismen“, der gleichzeitig auch mein Betreuer ist, angefragt, ob die benthischen Taxa (Gattungen) in diesem Gebiet analysiert werden können. Benthos ist einer von verschiedenen Indikatoren zur Bestimmung von Umwelteinflüssen.
Davon abgesehen, dass dieses Gebiet bisher noch nicht auf Makrozoobenthos untersucht worden ist, stimmte er vor allem deswegen zu, weil er für mich darin die Möglichkeit sah, einen Einblick und aktive Erfahrungen in die gesamte Arbeitsweise eines Benthologen bei einem Forschungsprojekt zu bekommen: Von der Vor- bis zur Nachbereitung eines Projekts, also von der ersten Erkundung des Forschungsgebiets bis zum Abschlussbericht würde ich alles selber miterleben und –machen dürfen.
Für dein Projekt bist du eine Woche lang verreist. Was genau hast du gemacht?
Wir haben an vier Tagen in Heiligenhafen bei Fehmarn Benthosproben genommen. Dafür waren wir insgesamt fünf Tage unterwegs. In vier Gebieten rund um die Stadt sind wir an vorher festgelegten Stationen mit Wathosen ausgerüstet ins Wasser gestiegen und haben mit einem Stechrohr Proben genommen. Die wurde dann gesiebt, abgefüllt und fixiert.
Hast du die Woche gut überstanden?
Ja, eigentlich ganz gut. Wir hatten für Mitte November echt Glück mit dem Wetter, es hat nur einmal geregnet. Die Wassertemperatur betrug 6°C, das war annehmbar. Um acht Uhr ging es schon los, zwischen vier und fünf Uhr wurde es ja dunkel, abends in der Unterkunft habe ich dann noch einige Tiere fotografiert und ihre Fortbewegungsmethoden beobachtet. Sonst haben wir nicht mehr viel gemacht – frische Luft und harte Arbeit machen sehr müde.
Erklär das mit den Benthosproben mal bitte genauer.
Für die Probenahme von Land aus verwendet man wie gesagt das Stechrohr, das hat einen Durchmesser von ca. 10cm. Man nutzt es für quantitative Erhebung des Makrozoobenthos - also wie viele Tiere einer taxonomischen Gruppe pro Fläche vorkommen. Wir haben außerdem noch einen Kescher für die qualitative Beprobung, um zu schauen, was es überhaupt für Tiere an der Station gibt. Meist sind in den Kescherproben nämlich mehr Gattungen vertreten als in den Stechrohrproben. Unter anderem finden wir Krebse, Muscheln, Schnecken, Asseln, Pocken, usw. Zum Makrozoobenthos zählen Tiere, die größer als 1mm sind und entweder am oder im Meeresboden leben. Zusätzlich zu den Proben werden auch noch einige abiotische Faktoren wie z.B. Salzgehalt, Wassertemperatur und Sedimenttyp bestimmt, um Anhaltspunkte zum Lebensraum zu bekommen.
Wie selbstständig arbeitest du an deinem Projekt?
Ich soll das Projekt eigenverantwortlich im Rahmen meiner Möglichkeiten durchführen. Dabei benötige ich natürlich einiges an Hilfe, da ich bis vor drei Monaten eigentlich nichts über Benthos an sich und die Abläufe bei Forschungsprojekten gewusst habe.
Für deine Arbeit musst du sehr gut über Benthos Bescheid wissen. Du hattest doch sicher voher schon ein bischen Ahnung von Benthos, oder?
Nein, tatsächlich nicht, aber gleich am ersten Tag habe ich mir Proben angeschaut und seitdem durch die Vielzahl von Proben, die ich bisher sortiert habe, schon einiges an Erfahrungen gesammelt, wie man die Tiere erkennt und welche Merkmale für welche Taxa charakteristisch sind. Anfangs musste auch noch jede Probe, die ich untersucht habe, kontrolliert werden, weil ich häufig Tiere in den Schalen übersehen habe. Jetzt werde ich nur noch stichprobenartig kontrolliert.
Wie geht es jetzt weiter?
Zunächst einmal müssen die Proben analysiert werden – die Arten, Menge und Masse bestimmt werden. Aber das dauert erst Mal eine Weile. Ich hoffe, dass ich in drei Monate soweit mit den Proben durch bin. Danach wird eine zweite Ausfahrt folgen und schließlich kommt dann die Auswertung und schriftliche Ausarbeitung.
Was machst du bei der Probenanalyse?
Die Proben wurden ja mit Formaldehyd fixiert und eingelagert, damit die Algen und der Makrozoobenthos nicht verwesen. Für die Analyse müssen die Proben erst Mal gewässert werden, damit das Formol, was nicht sonderlich gesund ist, ausgewaschen wird. Die Probe wird anschließend durch das Binokular portionsweise in Fotoschalen untersucht. Da sich in den Proben nicht hauptsächlich Tiere befinden, sondern der Großteil aus Hartsubstraten, also Kies, Holz, etc., und abgestorbenem Material besteht, dauert es eine Weile bis die Organismen rausgesammelt sind. Meist reicht pro Schale eine Löffelspitze an Material. Um aus der etwa 0,5kg schweren Menge den Makrozoobenthos aufzusammeln, die jeweiligen Taxa zu bestimmen, zu zählen und zu wiegen, brauche ich einiges an Zeit – pro Probe etwa 2-3 Tage.
Als du die Stelle für dein FJN bekommen hast, welche Vorstellung hattest du da von deinem Freiwilligenjahr? Haben sich deine Erwartungen bisher erfüllt?
Ich wollte durch das Freiwilligenjahr die Arbeit eines Wissenschaftlers kennenlernen. Und das hab ich auch. Aber ich bin überrascht, wie viel ich doch in der Arbeitsgruppe machen darf. Tatsächlich hatte ich im Voraus etwas die Befürchtung, dass ich als kleiner Hiwi maximal dabei sein darf, aber nur wenig selbstständig tun und lernen kann. War aber falsch. Ich bin hier super in die Arbeitsgruppe und die Arbeit der Wissenschaftler eingearbeitet und integriert worden und habe bisher schon die verschiedensten Arbeiten, die im Zusammenhang mit der Forschung stehen im Labor und im Büro erlebt und selber durchgeführt. Es gefällt mir hier sehr und ich bin froh, mein FJN am IOW machen zu dürfen. Ich fühl mich, als würde ich hier schon ewig arbeiten.
Vielen Dank für das Interview.