Landratten an Bord von "A. v. Humboldt"
Das "Institut für Ostseeforschung Warnemünde" hatte eine gute Idee: einen Tag der offenen Tür, verbunden mit einem Preisausschreiben. Der 1. Preis: 2 Tage auf einem Forschungsschiff. Die Gewinner: ein Ehepaar aus Börgerende-Rethwisch (die OZ berichtete am 13.9.2000: "Landratten im Ostsee-Institut"). Hier nun ihr kurzer Bericht:
So ganz stimmte das mit den Landratten nicht, wir hatten beide schon ansatzweise Seebeine, allerdings erworben auf etwas größeren Schiffen. Als das Forschungsschiff "Alexander v. Humboldt" am frühen Morgen des 25. Oktober auslief, hatte sich der bis dahin goldene Oktober in stürmisches Herbstwetter verwandelt. Rollen und Stampfen des 1300-Tonners waren vorprogrammiert.
Die Fahrt ging in die Kieler Bucht und zurück nach Warnemünde, um in ca. 30 Stunden 12 Stationen im Rahmen des jährlichen Monitoring-Programmes abzuarbeiten. Hierbei werden an vorgegebenen Positionen Meßwerte zur Beurteilung des Zustandes der Ostsee gesammelt. Dies geschieht im Rahmen eines internationalen Überwachungsprogrammes der Ostsee-Anrainerstaaten, in welchem genau festgelegt ist, wer wann wo welche Parameter zu messen hat. In jedem Falle, d.h. auf jeder Station, wird die sogenannte CTD-Sonde abgesenkt und dabei kontinuierlich aufgezeichnet, welche Temperatur, Salz-, Sauerstoff- und Chlorophyllkonzentrationen herrschen. Außerdem werden in verschiedenen Tiefen Wasserproben für die spätere Analyse im chemischen Labor gesammelt. Dies geschieht programmgemäß Tag und Nacht und bei jedem Wetter. Auch die erheblichen Schiffsbewegungen bei Windstärke 8-9 hielten das wissenschaftliche Team nicht von seiner Arbeit ab. Die seemännische Crew des Schiffes leistete derweil ihren üblichen 6er Dienst (6 Stunden Dienst, 6 Stunden frei, usw.). Jedenfalls hatten wir nicht den Eindruck einer "lustigen Seefahrt". Für beide Teams - das wissenschaftliche und das seemännische - ist eine solche Monitoring-Fahrt, die insgesamt ca. 3 Wochen dauert, ein harter Job.
Auf ausgewählten Stationen wurde das volle Programm gefahren, d.h. zusätzlich zu den physikalischen und chemischen Messungen auch Plankton und Benthos bestimmt (Benthos: Gesamtheit der auf, in oder dicht über dem Bodengrund lebenden Organismen). Dann sind die Biologen am Zuge - im wahrsten Sinne des Wortes. Feinmaschige Netze werden gefiert und wieder eingeholt, Greifer holen Bodenproben, und dann wird richtig "gemoddert", also gespült und gesiebt - Goldgräber arbeiten in etwa ebenso. Das biologische "Gold" allerdings besteht aus Würmern, Muscheln und See- bzw. Schlangensternen.
Für uns Laien war es natürlich interessant, wenn der Videoschlitten abgesenkt wurde. Im Flutlicht konnte auch in 20 m Tiefe der Meeresgrund beobachtet werden mit allem, was Meeres-Flora und -Fauna so bieten. Das ist auf dem Grund der Ostsee nicht unbedingt aufregend - hier und da eine Island-Muschel, ein Seestern und sogar mal eine Seenelke - aber immerhin Lebenszeichen in einem sensiblen Lebensraum.
Feste "Stationen" an Bord sind die Mahlzeiten, zu denen sich alles, was nicht gerade auf dem Ohr liegt, in der Messe trifft - und dann wird verdientermaßen kräftig zugelangt. Wir hielten mit, obwohl wir nur Zuschauer waren und uns im Magen angesichts des Seeganges nicht hundertprozentig gut war. Nach den beiden Tagen auf unruhiger See wieder auf festem Boden stehen zu können, war dann ein gutes Gefühl, ebenso gut wie die Gewißheit, dass unsere Steuergelder für das Ostsee-Monitoring-Programm gut angelegt sind - denn der Zustand des Meeres vor unserer Haustür liegt uns allen am Herzen.
Uns hat es Spaß gemacht - dem IOW unser Dankeschön.