FS Meteor - Meteor 87/4
1. Wochenbericht (27.06.-01.07.2012)
Rostock - Rostock
Die Mission der M87/4
Der vierte Fahrtabschnitt der Reise M87 dient vorranging der Untersuchung der Ausbildung und Auswirkung der Blüte stickstofffixierender Cyanobakterien (Blaualgen) in der zentralen Ostsee im Sommer, sowie der Eingrenzung der wichtigsten steuernden Parameter. Die sommerliche Blaualgenblüte ist sicherlich neben dem Sauerstoffmangel des Wasserkörpers in den tieferen Becken eines der charakteristischen Merkmale der Ostsee.
Was haben wir also vor uns? (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Mit optischen Untersuchungen soll eine bessere Parametrisierung der satellitengestützten Beobachtung der Sommerblüte erreicht werden. Mögliche Limitierungen auf die Entwicklung der Blüte, etwa durch kurzfrequente Schwankungen der Lichtverhältnisse, werden mit neuen methodischen Ansätzen geprüft. Der Einfluss möglicher Mechanismen, welche die zurzeit nicht hinreichend verstandene Verfügbarkeit von Phosphor für die Sommerblüte bedingen können, wird untersucht. Hierzu werden zeitlich und räumlich hochaufgelöste Untersuchungen der Mischungsprozesse in der oberen Wassersäule durchgeführt, alle potentiell relevanten Phosphatspeicher erfasst, die fraktionierende Remineralisation phosphathaltiger Verbindungen sowie vertikale Änderungen des P/N/C-Verhältnisses des partikulären Materials bestimmt. Stickstofffixierungsraten werden gemessen und der Stickstoffkreislauf eingehend untersucht. Im Zentrum der Expedition wird ein Experiment mit zwei Schiffen stehen, bei dem - wenn denn alles nach Plan verläuft - FS METEOR für mehrere Tage stationär arbeiten wird, während das hydrographische Umfeld durch eine koordinierte Expedition des IOW Forschungsschiffes Elisabeth Mann Borgese aufgenommen wird. In Inkubations- und Feldexperimenten werden zudem spezifischen Fragen zu Funktion und zu Kontrollmechanismen der Cyanobakterienblüte adressiert, sowie deren Rolle bei der Produktion und dem Abbau gasförmiger Verbindungen.
Die ersten Tage auf See
In einem fließenden Übergang wurde im Seehafen von Rostock die wissenschaftliche Besatzung der M87/3 durch die der M87/4 ausgetauscht und zudem ein guter Teil der Schiffsbesatzung abgelöst. Nachdem die Labore ausnahmslos besetzt und eingerichtet sowie die Kammern bezogen wurden, stachen wir um 18:00 Uhr am Abend des 27 Juni, im Anschluss an die obligate Sicherheitseinweisung, in See. Auf dem Weg in Richtung unseres Hauptarbeitsgebietes in der zentralen Ostsee wurden einige der Langzeit/Monitoringstationen angelaufen und beprobt; eine gute Gelegenheit den Datensatz zu erweitern, aber auch um die Abläufe bei der Stationsarbeit und der Probennahme zu optimieren. Erste Vertreter stickstofffixierender Cyanobakterien wurden bereits im Arkonabecken vorgefunden und große Mengen Wasser und diverse Planktonnetze gewonnen, um den ersten Satz an kontrollierten Wachstumsexperimenten anzusetzen. Unter kontinuierlicher Messung der Gehalte an Methan, flüchtigem Quecksilber und des CO2-Partialdrucks wurde der südlichste Teil der Arbeitsgebietes erreicht und unter Beprobung einiger Langzeitstationen (TF 250, 260, 272) schließlich unsere designierte Hauptstation (TF271, 57°19.2‘ N, 20° 03‘ E) am späten Abend des 29. Juni erreicht. Nachdem über Nacht ein Netz zur Bestimmung des zweidimensionalen Feldes der Konzentration gelöster Gase gefahren wurde und hierbei einige Stunden mit starken Winden und aufkommender Windsee genutzt wurden, stand uns am Samstag (30.6) ein ereignisreicher Tag bevor.
Nach einer detaillierten Beprobung der Wassersäule mit hoher vertikaler Auflösung und anschließender optischer Messung und biologischer Probenahme wurde 2,5 Meilen östlich die profilierende Verankerung GODESS ausgebracht. Diese soll nun für die Zeit der Expedition etwa alle 2,5 h ein Profil grundlegender hydrographischen Parameter der Wassersäule liefern und am Ende der Expedition wieder geborgen werden. Direkt im Anschluss wurde dann auch noch ein Oberflächendrifter ausgesetzt, der nicht nur die residuale Oberflächenströmung anzeigen wird, sondern ausgestattet mit einer Vielzahl CTD, Druck- und Temperatursensoren sowie einem ADCP vor allem kontinuierlich Daten über die Hydrographie der Wassersäule in den oberen 40m aufzeichnen wird. Nach abschließenden Arbeiten und einem ersten Einsatz der IOW Pump-CTD sind wir nun, am Abend des ersten Juli und unserem ersten Sonntag auf See, unter weiterer Beprobung der Wassersäule bis nördlich Gotland vorgedrungen. Wie sich in Satellitenbildern angedeutet hatte, ist hier die Entwicklung der Blaualgen schon weiter fortgeschritten. So ergibt sich die Möglichkeit, einzelne Stadien der räumlich-zeitlichen Entwicklung der Blüte zu beproben.
Mehr Einblicke
Durch Holger von Neuhoff wird direkt von der METEOR die Expedition M87/4 in einem Web-Blog bei NATIONAL GEOGRAPHIC begleitet - siehe „Logbuch Ostsee“.
Leiden auf See
Deutschland verlor gegen Italien – allen bekannt. Doch wohl nur hier auf METEOR verfolgte eine Gruppe von findigen Begeisterten das Spiel unter derart erschwerten Bedingungen: bei ungastlichen Temperaturen für besseren Empfang auf dem Peildeck kauernd, mit einer mit höchster Vorsicht justierten DVBT-Antenne an einem winzig wirkenden 15-Zoll-Laptop, schwedischem Kommentar und sich ständig verschlechtern-der Bildübertragung. Eben jene Bildübertragung, die schließlich, wenige Augenblicke vor dem versöhnlichen Anschlusstor, völlig einfror. Wer immer also daheim oder beim Public Viewing gelitten hat, dem sei versichert: es hätte viel schlimmer kommen können.
Davon ungeachtet sind alle auf See wohlauf und erfreuen sich guter Gesundheit.
Mit besten Grüßen im Namen der Fahrtteilnehmer,
Prof. Dr. Gregor Rehder
Fahrtleiter M87/4