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FS Meteor - Meteor 87/3a

1. Wochenbericht (29.05.-03.06.2012)

Meteor 87/4

Klimaszenarien sagen voraus, dass mit ansteigender Erwärmung der Eintrag von terrestrischem organischen Kohlenstoff in die Ostsee dramatisch ansteigen wird. Dieser Kohlenstoff stammt aus den borealen Wäldern und Sumpfgebieten, welche aufgrund sich erhöhenden Niederschlags und der sich erwärmenden Böden mehr organischen Kohlenstoff freisetzen. Dieser färbt das Wasser der Flüsse bräunlich und besteht zu einem großen Teil aus Huminsäuren.

Grundsätzliches Ziel des Fahrtabschnittes M87-3a ist es, die mikrobielle Abbaubarkeit des organischen Materials nach dem Abschwemmen in die Ostsee zu untersuchen, vornehmlich untersucht im Rahmen des Projektes „Abbaubarkeit von Arktischem Terrigenem Kohlenstoff im Meer (ATKiM)“. Im natürlichen Salzgradientensystem der Ostsee sollen der biologische Umsatz dieser Substanzen und die am Umsatz beteiligten mikrobiellen Organismen unter verschiedenen Abbaubedingungen analysiert werden, um Vorhersagen über die daraus zu erwartenden CO2-Emissionen aus Randmeeren bei entsprechenden Klimaszenarien abzuleiten. Dabei arbeiten marine Umweltchemiker mit Molekular- und Mikrobiologen zusammen, um Mikroorganismen und abbaurelevante Gene bzw. Transkripte und Enzyme zu identifizieren, die unter den jeweils spezifischen Umweltbedingungen das größte Potential zum Abbau des terrigenen Materials haben. Ergänzend werden etliche Wasserproben über den vom IOW neu entwickelten „Automatic Fixation – Injection Sampler (AFIS)“ genommen, um spätere ungestörte uns standortspezifische Genexpressionsanalysen durchführen zu können.

Abbildung 1: Route und Stationsplan von M87-3a (29.05.-10.06.2012) Basierend auf eMission, D. Rüß, IOW.
Abbildung 1: Route und Stationsplan von M87-3a (29.05.-10.06.2012)

Vereinigt auf dem FS Meteor fährt dieses daher einen horizontalen Transekt, welcher vom Skagerrak bis in den Bottnischen Meerbusen und wieder zurück nach Rostock reicht (Abb. 1).
Hierbei werden vor allem Wasser-, aber auch Sedimentproben entlang des horizontalen Salinitäts-gradienten aus bis zu 5 Wassertiefen entnommen. Etliche AFIS-Probenahmen sowie Prozess- und experimentelle Studien an ausgewählten ATKiM-Stationen werden dadurch ermöglicht. Allerdings entspricht dies auch einer Distanz von etwa 2500 nm, welche in nur 13 Tagen zurückgelegt sein muss. Eine entsprechend kurze und stringente Abarbeitung der Stationen war daher von vornherein Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung dieses Abschnitts.

Abbildung 2: Aussetzen des Automatic Fixation in situ Samplers (AFIS) an CTD-Rosette.
Abbildung 2: Aussetzen des Automatic Fixation in situ Samplers (AFIS) an CTD-Rosette.

Nach kurzem Bunkern in Stavanger startete die Expedition am 29.05.2012 frühzeitig. Etliche der Teilnehmer des ATKIM-Projekts hatten bereits an einer ähnlichen Ausfahrt des FS METEOR im November letzten Jahres teilgenommen, waren also mittlerweise routiniert und eingearbeitet. Geübt werden musste aber der Einsatz des AFIS, welcher über den kombinierten Einsatz von Kran und Scanfish-Winde ins Wasser gelassen wird. Dies war notwendig, um einen ständigen Umbau der CTD-Winde auf AFIS- und normale CTD zu vermeiden und so Zeit einzusparen. Erprobungen erfolgten gleich nachts auf der ersten Station S1 im Skagerrak (Abb. 1, 2). Die fixierten Wasserproben wurden erfolgreich genommen; Kran- und Windenführer mussten sich allerdings, wie zu erwarten, erst aufeinander einspielen. Bereits nach der dritten Probenahme am Kattegat gelang das Aussetzen und Einholen des AFIS aber reibungslos. Bis zu unserem jetzigen Standort, Station 271 im Gotland-Tief (erreicht am 02.06), verläuft die Beprobung über AFIS mittlerweile routiniert. Allerdings hat sich erwiesen, dass die Windempfindlichkeit des Kran-/Scanfish-Systems höher ist als bei einer normalen CTD-Winde. Auch muss der AFIS regelmäßig gewartet werden, da die Dichtungen der Bottles nach einigen Einsätzen schlichtweg ausleiern.

Die Wissenschaftler des ATKiM-Projektes konnten ihre ersten beiden Stationen, At1 im Kattegat und At3 im Gotland-Tief am 30.05. bzw. 02.06. im 400 L Wasserschöpfer (Abb. 3) beproben und die geplanten Experimente termingerecht ansetzen. Auch sämtliche bis jetzt vorgesehenen Sedimentkerne konnten gewonnen werden.

Abbildung 3: 400L-Wasserschöpfer im Einsatz.
Abbildung 3: 400L-Wasserschöpfer im Einsatz.

Dies war nicht selbstverständlich, da uns ab Höhe Warnemünde aufkommender Sturm aus westlicher Richtung die Routenplanung durcheinander zu bringen drohte. Zu hoher Seegang hätte den geplanten Austausch bzw. neues Einbringen von Verankerungen im zentralen Gotland-Becken, aber auch Probenahme im 400 L Wasserschöpfer, unmöglich machen und eine alternative Route westlich von Gotland erfordern können. Dies hätte das Einhalten des Zeitplans erheblich gefährdet. Daher wurde entschieden, bei Sturm in das Gotland-Becken hinein zufahren, auf eine vom Meteorologen prognostizierte kurzzeitige Beruhigung des Windes zu vertrauen, und alle weniger empfindlichen Arbeiten vorzuziehen. Wie vom Bord-DWD vorhergesagt beruhigte sich das Wetter etwas und so konnte bei Windstärke 7 und entsprechendem Seegang eine Verankerung geborgen und ausgetauscht (Abb. 4), sowie eine zusätzliche Verankerung mit zwei Fallen unterhalb der Deckschicht und der Halokline für Studien des Abschnitts M87-4 ausgelegt werden. Alle Arbeiten bis Station 271 sind also erledigt und der Zeitplan ist eingehalten.

Abbildung 4: Einholen der Verankerung auf Station 271 im Gotland Becken.
Abbildung 4: Einholen der Verankerung auf Station 271 im Gotland Becken.

Neben dem Sammeln von Proben und Ansetzen von Experimenten wurden erste Ergebnisse zu Methan und Kohlendioxidkonzentrationen entlang des Transekts Skagerrak – Gotland Tief generiert:
Hintergrund dabei ist, dass die rezente Ostsee als eine schwache Senke für atmosphärisches Kohlendioxid angesehen wird. Bei verstärktem Eintrag organischen Kohlenstoffs von Land und bei einer verstärkten Respiration dieser Komponenten könnte die Ostsee sich aber durchaus in eine CO2-Quelle verwandeln. Mit Hilfe von kontinuierlich ausgeführten Gasmessungen kombiniert mit den Messungen der 13C-Kohlenstoffisotopie wird auf M 87-3a das im Wasser der Ostsee gelöste CO2 näher charakterisiert; und zwar genau jenen Anteil des CO2, das seinen Ursprung in den borealen Wäldern und Sümpfen hat. Dieses ist wichtig zu quantifizieren, da dieses CO2 vermutlich ansteigt und von höchster Klimarelevanz ist: in den Sümpfen und Wäldern über einen langen Zeitraum akkumulierter und teilweise alter organischer Kohlenstoff wird plötzlich freigesetzt, mit den Flüssen in die Ostsee transportiert, dort zu CO2 umgesetzt und letztendlich an die Atmosphäre abgegeben. Dies stellt einen sogenannten “positive feedback” zur CO2 Konzentration in der Luft und damit zur Klimaerwärmung da. In Abb. 5 sind die Konzentrationen der Treibhausgase CO2 und Methan (CH4), die über die gesamte Fahrtstrecke gemessen wurden, abgebildet.

Abbildung 5: Konzentration des gelösten Kohlendioxids und Methans in der Ostsee entlang der M 87-3a Fahrtstrecke von Südwest nach Nordost (C. Humborg & M. Geibel).

Deutlich zu sehen sind die erhöhten Konzentrationen dieser Treibhausgase in den flacheren Gebieten der Ostsee, die zuerst beprobt wurden, und die Untersättigung des CO2 in der zentralen Ostsee die durch Algenblüten verursacht wird. In Abb. 6 ist die Isotopie des 13C im CO2 dargestellt. Hierbei gilt dass je negativer das Signal, he höher der Anteil terrestrischen Kohlenstoffs der respiriert wurde. Es ist deutlich, dass je weiter nördlich Messungen durchgeführt wurden, desto höher wurde der Anteil des terrestrisch respirierten Kohlenstoffs. Diese Daten der CO2 Isotopie wurden nach unserer Erkenntnis noch nie über einem gesamten Querschnitt der Ostsee und über alle Becken ermittelt. Diese Rohdaten müssen nun noch bereinigt und der Effekt der Überund Untersättigung auf die Isotopie des CO2 korrigiert werden. Danach sind wir in der Lage den isotopischen Fingerabdruck des terrestrischen und des klimarelevanten Kohlendioxids anzugeben und letztendlich zu quantifizieren, wie viel des Kohlendioxids in der Ostsee terrestrischen Ursprungs ist.

Das war die erste Woche auf dem schnell dahinfahrenden FS METEOR. Mittlerweile ist die See wieder ruhig, das Wetter schön – und wir auf dem Weg zum nördlichsten Bereich der Ostsee.

Prof. Dr. Matthias Labrenz
Fahrtleiter