Flusseinträge unter globalem Wandel –
Erforschung des Schicksals der Amazonas Flussfahne
10.04.2021 – Wissenschaft in Zeiten einer Pandemie
Das vergangene Jahr war ganz anders. Was vorher selbstverständlich war, ist es jetzt nicht mehr. Die Covid-Pandemie hat unser privates und berufliches Leben in einer Weise beeinflusst, die sich vorher niemand vorstellen konnte und wir alle mussten uns auf eine neue, eingeschränkte Lebensweise einstellen.
Reisen, Treffen mit Kollegen, selbst das Arbeiten im Labor oder Büro sind vom Tisch. Fristen für die Finanzierung von Projekten wurden plötzlich zu einem viel größeren Problem als je zuvor denkbar und viele Projekte waren in Gefahr, erfolgreich vollendet werden zu können. Trotzdem haben wir einmal tief durchgeatmet (oder eher mehrfach) und beschlossen, weiterzumachen und unser Bestes zu geben. Forschung kann und darf nicht aufhören. Geplante oder sogar schon begonnene Arbeiten müssen weitergeführt werden, mit Kompromissen.
Im Labor arbeiten wir mit einer Maske (so bleiben unsere Proben wenigstens noch sauberer...) und den Rest der Zeit im Home-Office. Wir haben einige Rückschläge erlebt, da die so wichtige Kommunikation untereinander komplizierter wurde, aber wir haben es geschafft. Es stellte sich allerdings schnell die Frage, wie man sich an all die neuen Regeln halten kann, wenn man auf einem Forschungsschiff unterwegs sein möchte, wo der Platz begrenzt ist!
Für das MeNARP-Projekt (Metabolism of nitrogen in the ARP) fühlte sich die Planung der Ausfahrt unter Einhaltung der Gesundheitsrichtlinien zunächst wie ein unüberwindbares Hindernis an. Die Reisebeschränkungen waren ein großer Schock. Wir hatten schon lange eine wissenschaftliche Reise zur Amazonas-Fahne mit einem internationalen Team von Wissenschaftlern geplant. Aber mit den Grenzbeschränkungen war es fast unmöglich, einen Flug zu buchen, und leider konnte ein Teil unseres Teams nicht mitfahren. Plötzlich sah es so aus, als ob wir die Reise nicht würden durchführen können. Nach einer langen Zeit des Wartens und der Suche nach Lösungen bekamen wir die erlösende Nachricht, dass die Reederei die Fahrt durchführen würde - mit vielen Sicherheitsmaßnahmen, angefangen mit 10 Tagen Quarantäne in einem Hotel, isoliert von allen anderen.
Am 1. April starteten wir unsere Reise nach Varel, wo wir im Hotel in einer großen Halle empfangen wurden. Wir saßen alle mit Sicherheitsabstand und wurden einzeln mit einem Antigen-Schnelltest auf COVID-19 getestet. Glücklicherweise waren unsere Testergebnisse alle negativ. Dann wurden wir auf unsere Zimmer geführt und durften diese für die nächsten 10 Tage nicht verlassen. Das Essen wurde uns ohne Kontakt zum Hotelpersonal an die Tür geliefert. Wir fühlten uns alle etwas komisch, aber das Hotelpersonal war sehr freundlich und hilfsbereit bei allem und gab sein Bestes, damit wir uns wohlfühlten.
Wir konnten leckeres Essen genießen, hatten Sportveranstaltungen auf Zoom und wurden sogar mit einem kleinen Konzert überrascht, das wir von unseren Balkonen aus verfolgen konnten. Der Gedanke, das Zimmer nicht verlassen und nach draußen gehen zu dürfen, war hart und in unseren Zimmern produktiv zu sein, war nicht so einfach, wie es sich einige von uns vorgestellt hatten. Besondere Situationen erfordern Geduld mit sich selbst, und wir unterstützten uns gegenseitig so viel wie es über Online-Technologien möglich ist. Ein Vorteil der Quarantäne war, dass wir alle die Chance hatten, uns schon vor Beginn der Fahrt ein wenig kennenzulernen. Zusammen durch all die Höhen und Tiefen zu gehen hat uns von Beginn an zusammengeschweißt.
Zwei negative PCR-Tests später, durften wir am 10. April 2021 endlich unsere Zimmer verlassen. Ein letztes, erleichterndes Klopfen an unserer Tür kündigte den lang ersehnten Beginn unserer Reise an. Mit Maske verließen wir die Zimmer und traten die Fahrt mit einem großen Bus zum Flughafen Köln-Bonn, wo wir zu einem separaten Terminal geleitet wurden und unseren Privatflug nach Las Palmas, Gran Canaria, antraten. Wir fühlten uns alle ziemlich privilegiert, als wir das VIP-Terminal betraten (unsere Hoffnungen, jemand Berühmtes zu treffen, wurden allerdings nicht erfüllt). Auch Piloten, Bordpersonal und Busfahrer mussten negativ auf COVID-19 getestet sein. Auf diese Weise wurden unsere Kontakte nach außen auf Null begrenzt. Nach einem bequemen 4-Stunden-Flug kamen wir sicher in Las Palmas an. Die Reederei sorgte dafür, dass wir für die letzte Etappe unserer Reise in guten Händen waren und wir verabschiedeten uns von unserer Begleitung am Flughafen. Während der letzten kurzen Busfahrt des Tages war die Atmosphäre voller Aufregung und etwa zwei Stunden nach unserer Landung erreichten wir den Hafen von Las Palmas und konnten nicht so recht glauben, dass es Wirklichkeit war, als wir das F/S Meteor an der Pier auf uns warten sahen...
Es dauerte einige Zeit, bis wir realisierten, dass die Fahrt nun tatsächlich stattfand – auch wenn zunächst weiterhin mit Maske. Im nächsten Eintrag werden wir einige Einblicke in unsere ersten Tage an Bord geben. Ahoi, bis dahin!
Text von Umbricht J., Choisnard N., Voss M. (IOW) | Fotos zum Vergrößern anklicken
Expedition: | M174 |
Mission: | MeNARP |
Start: | 12.04.2021 - Las Palmas |
Ziel: | 31.05.2021 - Emden |