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Erfahrungsbericht von Manuel Jakobs Freiwilliges Soziales Jahr in Wiss

Ich habe von Oktober 2023 bis September 2024 ein freiwilliges Jahr in der Abteilung Meereschemie am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) absolviert. Dort war ich in der Arbeitsgruppe Biogeochemie umweltrelevanter Gase eingesetzt. Zu großen Teilen habe ich im Labor gearbeitet, mithilfe eines Programms Sensordaten umgewandelt und bei einem mehrjährigen Projekt mitgewirkt.

Purge-and-Trap-Anlage im Labor zum Messen von Methan und Lachgas; hier wird das Kältebad aufgefüllt
Purge-and-Trap-Anlage im Labor zum Messen von Methan und Lachgas; hier wird das Kältebad aufgefüllt

Von Anfang an wurde ich sehr gut aufgenommen und durfte bereits nach wenigen Tagen und kurzer Einarbeitung im Labor selbstständig arbeiten. Im Labor konnte ich mit einer Purge-and-Trap-Anlage Wasserproben auf Methan und Lachgas untersuchen. Beide Gase kommen in der Atmosphäre zwar seltener als CO2 vor, haben aber pro Molekül im Vergleich einen deutlich stärkeren Einfluss auf den Treibhauseffekt und damit das Klima. Zusätzlich habe ich an verschiedenen Analysesystemen gearbeitet, die in Proben von Forschungsfahrten einige CO2-Parameter - wie den pH-Wert - erfassen können.

Im fortschreitenden Freiwilligenjahr wurde ein neues Messsystem geliefert, mit der die Alkalinität - ein weiterer wichtiger CO2-Parameter - gemessen werden kann. Dieses Gerät ergänzt zwar ein im Labor vorhandenes, ist aber für den mobilen Seeeinsatz vorgesehen. Ich durfte das neue System in Betrieb nehmen, testen und konnte an einer Betriebsanleitung für das System mitwirken.

Frische Ostseeproben aus verschiedenen Tiefen einer Station
Frische Ostseeproben aus verschiedenen Tiefen einer Station

Jede Woche durfte ich bei den Treffen der Arbeitsgruppe teilnehmen, in denen u. a. aktuelle Projekte und Veröffentlichungen besprochen wurden. Die Treffen wurden auf Englisch abgehalten. Das hat mir sehr gefallen, da ich so – und durch die englische Fachliteratur – meine eigenen Fremdsprachenkenntnisse anwenden und erweitern konnte.

Die Erforschung der Ostsee ist auf Daten angewiesen, die großflächig über einen langen Zeitraum aufgenommen werden. Zu diesem Zweck finden fünf Mal jährlich – und das bereits seit vielen Jahrzehnten – Monitoringfahrten statt. Für mich war es eine besondere Erfahrung, bei einer dieser Schifffahrten dabei zu sein. So habe ich das Leben auf See kennengelernt und konnte gleichzeitig das neue Messsystem zur Erfassung der Alkalinität testen.

Weitere Messdaten werden auf Fährlinien gesammelt, welche regelmäßig eine feste Route fahren und so Messwerte in einer höheren Dichte sammeln können. Auf einer dieser Fähren steht eine Anlage, die im Oberflächenwasser u. a. Temperatur, pH-Wert und verschiedene Gase messen kann und zwischen Travemünde und Helsinki pendelt. Wartungsarbeiten dieser selbstgebauten Konstruktion aus Pumpen, einigen Messgeräten und Netzwerken aus Kabeln und Schläuchen durfte ich unterstützen.

Wasserschöpfer kommt aus etwa 200m Tiefe zurück auf das Schiffsdeck
Wasserschöpfer kommt aus etwa 200m Tiefe zurück auf das Schiffsdeck

Im Laufe des Jahres wurde ich immer mehr in ein neues Projekt einbezogen, das sich mit dem Thema Methan in küstennahen Gebieten beschäftigt. Bisher ist das noch ein recht unerforschter Bereich. Eine mobile Messstation soll dafür genutzt werden, entlang eines Steges und auf mehreren Bootsfahrten autonom Wasser zu analysieren. Hier war ich vom Aufbau, über die mehrwöchigen Messungen bis hin zu der Datenauswertung unterstützend dabei. In den nächsten Jahren werden noch einige Messreihen an anderen Orten stattfinden, um verschiedene Einflüsse wie Wetter, Jahreszeit und Lage zu berücksichtigen.

Über die letzten Monate meines Freiwilligenjahres durfte ich ein eigenes Projekt mit einem pH-Sensor durchführen. Grundlage war ein Sensor, der über mehrere Monate pH-Daten aufnimmt, aber dessen Hersteller eine nicht einsehbare Berechnung verwendet. Ich habe mit der Programmiersprache R die rohen Sensordaten in verwertbare pH-Werte umgewandelt. Damit ist der Rechenweg frei zugänglich, um sich bei Veröffentlichungen auf sogenannte faire Daten stützen zu können.

Spannend waren auch die fünf deutschlandweiten Seminarwochen, welche mir - genauso wie das ganze Jahr - mit vielfältigen Erfahrungen in Erinnerung bleibt. Dort lernt man viele andere Freiwillige kennen, die in verschiedenen Einrichtungen eingesetzt sind. Die Seminare werden von den Freiwilligen organisiert, sodass man sie nach den eigenen Vorstellungen gestalten kann.

Als ich im Planungsteam war, haben wir während des Seminars das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD besucht. Dort werden mit modernsten Technologien u. a. Daten zu Smart Farming, Machine-Learning gestützter Bildanalyse oder digitalen Zwillingen sehr anwendungsorientiert für eine Erkundung grafisch aufbereitet.

Aber auch viele andere Punkte standen auf dem Programm. So haben wir u. a. das IOW, das Institut für ökologische Forschung und Planung sowie eine Kläranlage besucht oder eine Stadtrallye und eine Kanufahrt auf der Warnow gemacht.

Höhepunkt war der Aufstieg auf eine fast 100 Meter hohe Windkraftanlage. Dort haben wir von einem Experten viele Dinge über die Energiewende, den Netzausbau und die Energiesicherheit gelernt.

Zusammenfassend war das Freiwillige Soziale Jahr in Wissenschaft, Technik und Nachhaltigkeit eine einmalige Möglichkeit, nach dem Abitur einen Einblick in die Ostseeforschung zu gewinnen, aber auch in wissenschaftliches Arbeiten auf internationaler Ebene – von der Planung, über den Projektantrag, die Datenaufnahme und -verarbeitung bis hin zur Veröffentlichung in wissenschaftlichen Journalen.

Mir werden viele spannende Erfahrungen in Erinnerung bleiben und ich kann ein freiwilliges Jahr jedem als Übergang zum Studium empfehlen.

Ich bedanke mich, dass Prof. Gregor Rehder mir dieses Jahr am IOW ermöglicht hat. Ebenso bedanke ich mich bei Dr. Stefan Otto und den vielen weiteren Kollegen, die mir währenddessen Vertrauen und Raum für eigene Ideen und Projekte gegeben haben und mich allzeit bei meinen Plänen unterstützt haben. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht!

Aufbau mobiler Messstation auf einem Steg
Aufbau mobiler Messstation auf einem Steg