„Ein spannendes Jahr“
„Was machst du eigentlich jetzt, nach der Schule?“, hatte man mich nach dem Abitur öfter gefragt. Die Antwort „Ich mache ein FJN“ rief dabei immer die gleiche Reaktion hervor: „Was machst du?“ Zugegeben, das Freiwillige Jahr in Naturwissenschaft, Technik und Nachhaltigkeit ist nicht gerade bekannt, ich selbst bin zufällig im Internet darauf gestoßen. Die Ostseeküste kannte ich nur als Urlaubsland, vom IOW hatte ich bis dahin auch noch nie etwas gehört. Aber als ich von der ijgd die Stellenbeschreibung für ein FJN in der Meereschemie in Warnemünde bekam, dachte ich: Das klingt spannend, das willst du machen.
Spannend beschreibt das Jahr wirklich treffend. Ich bekam zum einen Einblicke in die Ozeanografie, wie Salzgehalt und Temperatur das Wasser in verschiedene Wasserkörper aufteilen. Unter welcher Bedingung Phytoplankton gedeiht, warum man im Nordatlantik in 1000 Metern Tiefe Mittelmeerwasser findet, wie die Ostsee entstanden. Zum anderen habe ich einen realen Eindruck bekommen, was man als Wissenschaftler leisten muss. Wie man ein Projekt oder eine Arbeit plant, beantragt und durchführt, oder wie viel Laborarbeit notwendig ist, um erste Aussagen zu treffen. Außerdem konnte ich viele verschiedene Erfahrungen sammeln, da ich nicht immer dieselben Aufgaben erledigte. Ich habe Methoden kennen gelernt, mit denen man meereschemische Daten im Labor erhebt. Ich habe Matlab und LaTeX gelernt und mit diesen Programmen Daten ausgewertet. Ich habe Paper gelesen, die Vorlesung meiner Betreuerin besucht, mich mit Studenten und Doktoranden über ihre Erfahrungen im Studium und der Zeit danach ausgetauscht etc. … Diese Aufzählungen könnten immer weiter fortlaufen, aber sie zeigen vor allem eines: Mein Freiwilliges Jahr war stark abwechslungsreich, ich habe sehr viele Eindrücke mitnehmen können.
Das absolute Highlight waren jedoch die Seereisen: Wann bekommt man jemals die Gelegenheit, auf einem Forschungsschiff mitzufahren? Als 18jähriger? Ich hatte das Glück, an gleich drei Ausfahrten von 10 Tagen bis zu 3 Wochen teilzunehmen. Auch wenn die Probennahme auf dem Meer wirklich anstrengend sein kann, so erinnere ich mich gerne an meine Reisen und die Menschen, mit denen ich auf den Schiffen gewesen bin. An das „besondere Miteinander“ zwischen Warten und Stress. Daran, wie Wind und Wellen, oder aber technische Defekte jegliche Planungen der Fahrtleiter über den Haufen werfen, wenn man sich aufgrund des Wetters in einer Bucht verstecken muss oder die Verankerung beschließt, doch nicht alleine im Meer zurückgelassen zu werden...
Das Schöne am FJN am IOW war auch, dass es noch andere Freiwillige und Azubis gab. So hatte man von Anfang an einen kleinen Freundeskreis, mit dem man auch nach der Arbeit oder am Wochenende unterwegs sein konnte. Auch die Seminare mit allen FJNlern waren immer eine tolle Zeit, da wir uns alle sehr gut verstanden und bei jedem Seminar Einblicke in verschiedenste naturwissenschaftliche Gebiete bekamen.
Ich wollte nach dem Abitur nicht gleich studieren, ich wollte vorerst nicht nochmal ins Ausland. Ich wollte noch überdenken, was ich studieren möchte. Dabei hat mir dieses Jahr sehr geholfen.
Arne Estelmann