Frage:
Wie groß ist der Überschuß an Ostseewasser, der in die Nordsee abfließt?
Antwort:
Die Ostsee mit all ihren Lebensformen zwischen Süß- und Meerwasser lebt vom Wasseraustausch mit der Nordsee. Sie ist ein vom europäischen Kontinent nahezu völlig eingeschlossenes, relativ stark gegliedertes flaches Nebenmeer des Atlantischen Ozeans und kann als großer Fjord aufgefaßt werden.
Die Temperatur- und Salzgehaltsverteilung wird einerseits durch die beträchtliche Zufuhr von Wasser durch die Flüsse (etwa 440 km³/Jahr) bestimmt. Andererseits wird die Verteilung durch die schmalen und flachen Meerengen zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden beeinflußt, die den Wasseraustausch mit der Nordsee stark einschränken (Einstrom von salzreicherem Wasser in die Ostsee: etwa 470 km³/Jahr; Ausstrom von salzarmem Wasser aus der Ostsee: ca. 950 km³/Jahr). Niederschlag (225 km³/Jahr) und Verdunstung (185 km³/Jahr) spielen dagegen nur eine untergeordnete Rolle.
Daraus ergibt sich folgende Bilanz für den Wasserhaushalt der Ostsee
Flußwasserzufuhr 440 km³/Jahr + Niederschlag 225 km³/Jahr - Verdunstung 185 km³/Jahr = Gesamtausstrom 950 km³/Jahr - Einstrom 470 km³/Jahr = Überschuß Ostseewasser 480 km³/Jahr
Der Wasseraustausch mit der Nordsee führt zu einer für die Ostsee typischen Schichtung der Wasserkörper mit jeweils unterschiedlichen Eigenschaften. Die Flußwasserzufuhr ist im wesentlichen verantwortlich für den Überschuß von Wasser in der Ostsee, der zu einer ostseeauswärts gerichteten Strömung von salzarmem Wasser in der Oberflächenschicht führt. Da die durch Temperatur und Salzgehalt bestimmte Dichte des Ostseewassers insgesamt kleiner als diejenige des Nordseewassers ist, bildet sich in Bodennähe der Meerengen eine Strömung salzreichen Wassers in die Ostsee aus, die um so kräftiger ist, je stärker der Ausstrom in der Oberflächenschicht ist. Das einströmende salzreichere Wasser breitet sich entsprechend seiner Dichte in den tieferen Wasserschichten aus. Da beide Wasserarten im allgemeinen auch unterschiedliche Temperaturen aufweisen, existiert das ganze Jahr hindurch ein nach der Dichte geschichteter Aufbau des Wasserkörpers, der in der Tiefe durch einen als Sprungschicht bezeichneten plötzlichen Dichteübergang die Wassersäule in spezifisch leichteres salzarmes Oberflächen- und schweres salzreicheres Tiefenwasser trennt.
Beispielsweise nimmt der Salzgehalt im Oberflächenwasser von 20 - 25 kg Salz pro m³ Meerwasser an den Ostseeausgängen, über 7 - 8 kg/m³ in der zentralen Ostsee auf 2 - 4 kg/m³ in den inneren Teilen des Finnischen und Bottnischen Meerbusens ab. Im Tiefenwasser der zentralen Ostsee schwankt er zwischen 13 und 18 kg/m³ östlich der Insel Bornholm, zwischen 11 und 14 kg/m³ östlich und 8 - 11 kg/m³ westlich der Insel Gotland.
Das Oberflächenwasser weist charakteristische jahreszeitliche Variationen von Temperatur und Salzgehalt auf. Der im wesentlichen durch Sonneneinstrahlung und Lufttemperatur hervorgerufene Temperaturgang in der Deckschicht beträgt 15 - 20 °C. Der Jahresgang des Salzgehalts, der durch die jahreszeitliche Änderung der Flußwasserzufuhr, die Bildung und das Schmelzen des Eises sowie den Jahresgang von Verdunstung und Niederschlag geprägt wird, weist in der zentralen Ostsee nur eine geringe Jahresschwankung auf, erreicht aber vor unserer Küste durch den häufigen Wechsel von Ein- und Ausstrom erhebliche Werte.
Diese Frage wurde von Dr. Wolfgang Matthäus, Sektion Physikalische Ozeanographie, beantwortet.
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