Hintergrund

Hochsommer in der zentralen Ostsee. Bei ruhigem Wetter kommt es hier regelmäßig zu einem Schauspiel, das die beiden größten Umweltprobleme der Ostsee – die Überdüngung und die Sauerstoffnot am Boden der tiefen Becken – verbindet: zu einer Blaualgenblüte (korrekter Weise ist es eine Cyanobakterienblüte).
Seit Jahrzehnten versucht man die Frage zu beantworten, welche Faktoren die Entstehung der hochsommerlichen Blüten in der zentralen Ostsee fördern. Das ist wichtig, da „Blaualgen“ über die einzigartige Fähigkeit verfügen, ohne im Wasser gelöste Stickstoffverbindungen auszukommen – eigentlich ein “no go” in der Meereswelt. Die Blaualgen schaffen das, weil sie in den Anfängen ihrer Geschichte, vor Milliarden Jahren, einen Mechanismus entwickelt haben, den in der Luft reichlich vorhandenen, molekularen Stickstoff in reaktive Verbindungen umzuwandeln: Die Stickstofffixierung. Und so produzieren sie Sommer für Sommer dicke Algenteppiche, die nach dem Absterben der einzelnen Organismen auf den Meeresboden absinken, wo andere Bakterien ihre Überreste in die anorganischen Bestandteile zersetzen und dabei jede Menge Sauerstoff verbrauchen.

Forschungsbedarf

Bereits seit einigen Jahrzehnten ist man in der Lage, die Flächenverteilung der Blaualgen-Blüten über Satellitendaten und automatisierte CO2 Messungen im Oberflächenwasser an Bord von Fährschiffen zu erfassen. Die große offene Frage bleibt die Verteilung der Blaualgen in tieferen Wasserschichten, die weder von der einen noch der anderen Methode erfasst werden. Das was an der Oberfläche sichtbar wird, ist nur ein Teil der Blüte und wenn Windereignisse die Teppiche zerschlagen, bleibt ungewiss was mit den Blaualgen im Wasser geschieht. Alle Versuche mit Vorort-Messungen diese Wissenslücken zu schließen, scheiterten bislang daran, dass sich der Zeitpunkt des Beginns einer Blüte immer noch nicht vorhersagen lässt und die Einsatzzeit eines Forschungsschiffes zu teuer ist, als dass man ohne Gewähr und auf unbestimmte Zeit in der zentralen Ostsee kreuzen könnte, in der Hoffnung, ein Blütenereignis zu erwischen. Hier kommen der Meereschemiker Jens Müller, sein Segelboot Tina V und das Projekt BloomSail ins Spiel.